13. August 2012

Eine schöne Illusion

Posted in Durchschnitt, kommentar, Politik, Uncategorized tagged , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , um 18:56 von thomassalomo


Eine schöne Illusion

Von Thomas Salomo

Vorstand beim NPD-Bundesparteitag 2006

 

Dresden- Nach dem das erste NPD Verbotsverfahren 2003 scheiterte gibt es immer wieder Vorstöße und Forderungen die NPD zu verbieten. Doch das Bundesverfassungsgericht hat hohe Hürden für ein Verbotsverfahren erlassen. Unter anderen dürfen und sollen keine V-Leute des Verfassungsschutzes in der Parteispitze sein.

Nun will man einen neuen Versuch unternehmen diese Partei zu verbieten. Denn die Argumente für ein Verbot scheinen klar zu sein. Die NPD sei eine undemokratische Partei, ihre Ideologie sei menschenverachtend, diese Partei schüre Antisemitismus und Ausländerhetze. Sie sei ein Sammelsurium für militante Rechte, unterstütze und fördere sogar Gewalt gegen Andersdenkende wie Linke, Homosexuelle und Religionsausübende verschiedenster Richtung. Das neuste Argument der Verbotsbefürworter wie etwas Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht : „Ich trete ganz entschieden für ein Verbot der NPD ein. Ihre Ideologie ist der geistige Nährboden für die Mörder der NSU-Terrorzelle“, sagte Lieberknecht der „Welt“. Es sei auch schwer erträglich, dass diese Organisation durch Steuermittel unterstützt werde, sagte Lieberknecht. Auch wenn es noch keine handfesten Beweise gibt, vermutet man einen direkten Zusammenhang zwischen den NSU Terroristen und der NPD, wenn auch nur ideologisch. Ein Nachweis darüber könnte in einem neuen Verbotsverfahren entscheidend seien.
Erst vor einigen Wochen wurde der Vorwurf bekannt das die NPD im sächsischen Landtag Gelder veruntreut. Der ehemalige niedersächsische NPD-Funktionär Andreas Molau hat den Verdacht bestärkt, dass die NPD in Sachsen illegal Fraktionsgelder in die Parteiarbeit geschleust und somit andere rechte Projekte wie etwa Kampagnen der Parteizeitung „Deutsche Stimme“ finanzierte. Dem Magazin Focus erklärte Molau, er sei nur zum Schein bei der NPD im sächsischen Landtag angestellt gewesen, in Wirklichkeit habe er Parteiarbeit geleistet. Genau so funktioniere die Parteienarbeit und die Strategie der NPD sagen Insider. Man lasse sich in einen Landtag wählen, um damit an öffentliche Gelder zu kommen, um andere Bereiche zu finanzieren. Nicht wenige vermuten, wenn die NPD nicht in den Landtag in Sachsen gewählt wurden wäre, hätte sie schon längst Insolvenz angemeldet.

Doch um was geht es eigentlich. Laut Bundesverfassungsgericht 2011 umfasst die rechtsextreme Szene in Deutschland 22.400 Personen in 225 rechten Gruppierungen. Zum rechtsextremistischen Spektrum zählen hauptsächlich subkulturell geprägte Rechtsextremisten, Neonazis einschließlich der „Autonomen Nationalisten“ sowie die NPD. Als gewaltbereit werden 9.800  Personen aufgeführt.  Die Mitgliederzahl der NPD ist mit 6.300 Personen weiter rückläufig. Im Klartext heißt das die NPD macht nur einen Anteil von 28% gemessen am gesamten rechten Spektrums aus.

Die alljährigen Zahlen des BVS zeigen die ganze Breite des rechten Spektrums, das um ein vielfaches mehr ist als nur die NPD. Die Partei selber steht zwar im Vordergrund des öffentlichen Focus, doch die Gruppen und Strukturen abseits der NPD bilden einen wesentlich bedeuterenden Anteil am Rechtsextremismus. Ein Verbot der NPD wäre für die rechtsextreme Szene kein großer Verlust, Erstrecht kein unüberwindbarer Schlag. Gerade im Bereich autonomer Rechter Gruppen und subkultureller rechter Gruppierungen spielt die NPD keine Rolle, im Gegenteil der Anteil derer die die NPD als solche Ablehnen ist gerade da groß. Im Bundesverfassungsgericht heißt es: „Der Rechtsextremismus stellt in Deutschland kein ideologisch einheitliches Gefüge dar, sondern tritt in verschiedenen Ausprägungen nationalistischer, rassistischer und antisemitischer Ideologieelemente und unterschiedlichen, sich daraus herleitenden Zielsetzungen auf.“ Ein Verbot der NPD bewirkt daher keinerlei ideologische Veränderung in der Szene.

Doch bei einen endgültigen Verbot der NPD wären die Folgen unabsehbar. Denn dann würde sich das in rechten Szene existierende Feindbilder des „demokratischen Staates“ der die „Herrenrasse“ und die „Völkischen Deutschen“ vernichten will noch weiter manifestieren. Im Kern heißt das, dieser Staat will uns nicht, dieser Staat und dieses System wollen uns (gemeint sind die Rechten) zerschlagen und zerstören.
Doch genau diese Argumente würden sich ins Gegenteil umwandeln. Vom „der Staat will uns vernichten“ wird ein „dieser Staat hat uns versucht zu vernichten“. Ein NPD-Verbot würde der Szene eine massiven Auftrieb verleihen, weil sich damit deren Argumentation bewahrheitet hätte. Dies würde eine massive Radikalisierung der militanten rechten Szene mit sich bringen. Dann würden die Täter der NSU als „Vorkämpfer“ umgedeutet. Eine erneute Bildung rechtsextremer Terrorgruppen ist dann nicht aus zu schließen. Damit würde es ein erneuten starken Anstieg von rechter Gewalt übergriffen geben.

Doch letztendlich ist ein Verbot der NPD nichts weiter eine schöne Illusion, das damit der Rechtsextremismus verschwindet und es keinerlei fremdenfeindliche Übergriffe mehr gibt. Doch leider weit gefehlt, ein Verbot stärkt die rechte Szene, die Ideologie bleibt in den Köpfen. Antisemitismus,  Ausländerfeindlichkeit bleiben erhalten. Die Nazis werden weiterhin Gewalttaten begehen, werden weiterhin versuchen in gesellschaftliche Strukturen zu gelangen, werden weiterhin Jugendliche für ihre Sache zu gewinnen.  Es werden weiterhin Ausländer und Andersdenkende verprügelt. Büros und Häuser angezündet. Das Verbotsverfahren ist reine Effekthascherei, gerade im Bezug auf die Bundestagswahlen 2013. Trotz eines Verbotes wird es weithin Nazis geben.

Satt darüber zu diskutieren wie man die NPD verbietet sollten wir uns überlegen wie wir Menschen mehr von den Grundgedanken der Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz überzeugen können. Die Energie wir in ein erneutes Verbotsverfahren stecken, wären in Präventions- und Exitprogrammen besser aufgehoben.

Quelle:

http://www.welt.de

http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/verfassungsschutzbericht/