13. August 2012

Eine schöne Illusion

Posted in Durchschnitt, kommentar, Politik, Uncategorized tagged , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , um 18:56 von thomassalomo


Eine schöne Illusion

Von Thomas Salomo

Vorstand beim NPD-Bundesparteitag 2006

 

Dresden- Nach dem das erste NPD Verbotsverfahren 2003 scheiterte gibt es immer wieder Vorstöße und Forderungen die NPD zu verbieten. Doch das Bundesverfassungsgericht hat hohe Hürden für ein Verbotsverfahren erlassen. Unter anderen dürfen und sollen keine V-Leute des Verfassungsschutzes in der Parteispitze sein.

Nun will man einen neuen Versuch unternehmen diese Partei zu verbieten. Denn die Argumente für ein Verbot scheinen klar zu sein. Die NPD sei eine undemokratische Partei, ihre Ideologie sei menschenverachtend, diese Partei schüre Antisemitismus und Ausländerhetze. Sie sei ein Sammelsurium für militante Rechte, unterstütze und fördere sogar Gewalt gegen Andersdenkende wie Linke, Homosexuelle und Religionsausübende verschiedenster Richtung. Das neuste Argument der Verbotsbefürworter wie etwas Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht : „Ich trete ganz entschieden für ein Verbot der NPD ein. Ihre Ideologie ist der geistige Nährboden für die Mörder der NSU-Terrorzelle“, sagte Lieberknecht der „Welt“. Es sei auch schwer erträglich, dass diese Organisation durch Steuermittel unterstützt werde, sagte Lieberknecht. Auch wenn es noch keine handfesten Beweise gibt, vermutet man einen direkten Zusammenhang zwischen den NSU Terroristen und der NPD, wenn auch nur ideologisch. Ein Nachweis darüber könnte in einem neuen Verbotsverfahren entscheidend seien.
Erst vor einigen Wochen wurde der Vorwurf bekannt das die NPD im sächsischen Landtag Gelder veruntreut. Der ehemalige niedersächsische NPD-Funktionär Andreas Molau hat den Verdacht bestärkt, dass die NPD in Sachsen illegal Fraktionsgelder in die Parteiarbeit geschleust und somit andere rechte Projekte wie etwa Kampagnen der Parteizeitung „Deutsche Stimme“ finanzierte. Dem Magazin Focus erklärte Molau, er sei nur zum Schein bei der NPD im sächsischen Landtag angestellt gewesen, in Wirklichkeit habe er Parteiarbeit geleistet. Genau so funktioniere die Parteienarbeit und die Strategie der NPD sagen Insider. Man lasse sich in einen Landtag wählen, um damit an öffentliche Gelder zu kommen, um andere Bereiche zu finanzieren. Nicht wenige vermuten, wenn die NPD nicht in den Landtag in Sachsen gewählt wurden wäre, hätte sie schon längst Insolvenz angemeldet.

Doch um was geht es eigentlich. Laut Bundesverfassungsgericht 2011 umfasst die rechtsextreme Szene in Deutschland 22.400 Personen in 225 rechten Gruppierungen. Zum rechtsextremistischen Spektrum zählen hauptsächlich subkulturell geprägte Rechtsextremisten, Neonazis einschließlich der „Autonomen Nationalisten“ sowie die NPD. Als gewaltbereit werden 9.800  Personen aufgeführt.  Die Mitgliederzahl der NPD ist mit 6.300 Personen weiter rückläufig. Im Klartext heißt das die NPD macht nur einen Anteil von 28% gemessen am gesamten rechten Spektrums aus.

Die alljährigen Zahlen des BVS zeigen die ganze Breite des rechten Spektrums, das um ein vielfaches mehr ist als nur die NPD. Die Partei selber steht zwar im Vordergrund des öffentlichen Focus, doch die Gruppen und Strukturen abseits der NPD bilden einen wesentlich bedeuterenden Anteil am Rechtsextremismus. Ein Verbot der NPD wäre für die rechtsextreme Szene kein großer Verlust, Erstrecht kein unüberwindbarer Schlag. Gerade im Bereich autonomer Rechter Gruppen und subkultureller rechter Gruppierungen spielt die NPD keine Rolle, im Gegenteil der Anteil derer die die NPD als solche Ablehnen ist gerade da groß. Im Bundesverfassungsgericht heißt es: „Der Rechtsextremismus stellt in Deutschland kein ideologisch einheitliches Gefüge dar, sondern tritt in verschiedenen Ausprägungen nationalistischer, rassistischer und antisemitischer Ideologieelemente und unterschiedlichen, sich daraus herleitenden Zielsetzungen auf.“ Ein Verbot der NPD bewirkt daher keinerlei ideologische Veränderung in der Szene.

Doch bei einen endgültigen Verbot der NPD wären die Folgen unabsehbar. Denn dann würde sich das in rechten Szene existierende Feindbilder des „demokratischen Staates“ der die „Herrenrasse“ und die „Völkischen Deutschen“ vernichten will noch weiter manifestieren. Im Kern heißt das, dieser Staat will uns nicht, dieser Staat und dieses System wollen uns (gemeint sind die Rechten) zerschlagen und zerstören.
Doch genau diese Argumente würden sich ins Gegenteil umwandeln. Vom „der Staat will uns vernichten“ wird ein „dieser Staat hat uns versucht zu vernichten“. Ein NPD-Verbot würde der Szene eine massiven Auftrieb verleihen, weil sich damit deren Argumentation bewahrheitet hätte. Dies würde eine massive Radikalisierung der militanten rechten Szene mit sich bringen. Dann würden die Täter der NSU als „Vorkämpfer“ umgedeutet. Eine erneute Bildung rechtsextremer Terrorgruppen ist dann nicht aus zu schließen. Damit würde es ein erneuten starken Anstieg von rechter Gewalt übergriffen geben.

Doch letztendlich ist ein Verbot der NPD nichts weiter eine schöne Illusion, das damit der Rechtsextremismus verschwindet und es keinerlei fremdenfeindliche Übergriffe mehr gibt. Doch leider weit gefehlt, ein Verbot stärkt die rechte Szene, die Ideologie bleibt in den Köpfen. Antisemitismus,  Ausländerfeindlichkeit bleiben erhalten. Die Nazis werden weiterhin Gewalttaten begehen, werden weiterhin versuchen in gesellschaftliche Strukturen zu gelangen, werden weiterhin Jugendliche für ihre Sache zu gewinnen.  Es werden weiterhin Ausländer und Andersdenkende verprügelt. Büros und Häuser angezündet. Das Verbotsverfahren ist reine Effekthascherei, gerade im Bezug auf die Bundestagswahlen 2013. Trotz eines Verbotes wird es weithin Nazis geben.

Satt darüber zu diskutieren wie man die NPD verbietet sollten wir uns überlegen wie wir Menschen mehr von den Grundgedanken der Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz überzeugen können. Die Energie wir in ein erneutes Verbotsverfahren stecken, wären in Präventions- und Exitprogrammen besser aufgehoben.

Quelle:

http://www.welt.de

http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/verfassungsschutzbericht/

7. Dezember 2010

Schröder’s Halbwahrheiten

Posted in kommentar, Politik, Prinzipien, Wandel tagged , , , , , , , , , , , , um 18:48 von thomassalomo


Schröder’s Halbwahrheiten

(von Thomas Salomo) 

Kristina Schröder
Quelle („Foto: BMFSFJ / L. Chaperon“)

So langsam scheint es, als hätte die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) ihr Lieblingsthema gefunden. Die scheinbar zunehmende Gewaltbereitschaft und „Deutschenfeindlichkeit“ junger Muslime in Deutschland. Nach Wochenlangen Diskussion über Einwanderung und Fachkräfte-Mangel und die Frage ob Deutschland mehr ausländische Fachkräfte braucht, versucht die Bundesfamilienministerin auf diesem Gebiet selbst zu punkten.

Schon länger, so beobachtet die Ministerin, komme es zu einer steigenden Zahl von gewaltbereiten Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Muslimischen Glaubens und zu „Deutschenfeindlichkeit“. Deutsche Jugendliche würden an Schulen beleidigt, gemobbt oder sogar geschlagen, nur weil sie Deutsche sind. In einem Interview sagte Schröder, viele deutsche Jugendliche hätten inzwischen Angst zur Schule zu gehen, da sie von ausländischen Jugendlichen gemobbt würden. Solche Beschimpfungen sind bei Jugendlichen leider in bestimmten Gegenden alltäglich – auf Schulhöfen aber auch in U-Bahnen. Es geht um grundsätzlich feindliche Einstellungen gegenüber anderen Gruppen – und das richtet sich vor allem gegen Deutsche und Christen, sagte Schröder in der BILD. Die Zahl von Gewalttaten nehme kontinuierlich zu. Dagegen müssten wir etwas tun, so Schröder. „Wir müssen offen und ohne Tabus über die Probleme in der Integration reden, mit denen viele Menschen in ihrem Alltag konfrontiert sind“. Eine Diskussion müsse aber auch erfolgsorientiert sein, sagte die Ministerin.

Nun stellte Schröder in einer Pressekonferenz zwei Studien vor. Deren Ergebnisse: Bei Körperverletzungsdelikten sind männliche, nichtdeutsche, jugendliche Tatverdächtige überrepräsentiert. Das gilt auch für die Gruppe der Mehrfach- und Intensivtäter. Das heißt, man verzeichne einen Anstieg von Gewaltbereitschaft unter nichtdeutschen Jugendlichen. Ursachen seien vor allem geringe Schulqualifikation, Perspektivlosigkeit, soziale Randlage, Gewalterfahrungen im Elternhaus oder in Cliquen sowie die Zustimmung zu gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen und vergeltungsorientierte Konfliktlösungsstrategien. Zudem gibt es Hinweise, dass auch unterschiedliche Erziehungsziele von muslimischen und nicht-muslimischen Eltern eine Rolle spielen können. So stehen bei muslimischen Eltern vor allem Ziele wie „Respekt vor Autoritäten“, „Ehrenhaftigkeit“ und „Zusammengehörigkeit“ im Vordergrund. Für viele muslimische Jugendliche spielen deshalb Werte wie ein ausgeprägtes Männlichkeitsbild oder die bedingungslose Verteidigung der weiblichen Familienmitglieder im Kontext der Familienehre eine zentrale Rolle, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums.

Das solche eine Studie nicht im unpassendsten Moment kommt, ist klar. Da die Diskussion über Integration und Einwanderung langsam abebbt, gibt dies nun neuen Zündstoff für die Diskussion. Könnte doch damit bewiesen werden wie Integrationsunfähig oder unwillig einige Migrantengruppen sind. Dass die scheinbaren Probleme der steigenden Gewaltbereitschaft die Früchte Jahrzehnte andauernder Desinteresse der Politik an Integration ist, verschweigt die Ministerin.

Auch verliert sie kein Wort über anhaltende Benachteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Dass diese wenig oder überhaupt nicht gefördert werden oder in sanierungsbedürftigen Schulen, in Klassen mit viel zu hoher Schülerzahl sitzen, erwähnt sie mit keinem Wort. Verschiedene Bildungsstudien belegen in regelmäßigen Abständen, dass in Deutschland Schüler mit Migrationshintergrund besonders benachteiligt sind. Gezielte Sprachförderung oder Lernhilfen, Fehlanzeige! Stattdessen überfüllte Klassenzimmer und überforderte Lehrer. Falls Migrantenkinder überhaupt einen Schulabschluss schaffen, wobei der Anteil an Schülern mit Hauptschulabschluss wesentlich höher ist als der von Deutschen. Der Anteil der Migratenkinder beim Realschulabschluß oder Abitur ist auch weitaus geringer als bei deutschen Schülern.

Auch wenn Schüler mit Migrationshintergrund einen Abschluss schaffen, hören ihre Probleme nicht auf. Eine Lehrstelle zu finden ist extrem schwierig. Da sie immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Wenn sie eine Lehrstelle gefunden haben, dann haben sie bis zu acht mal mehr Bewerbung geschrieben, als ihre gleichaltrigen deutschen Mitschüler. Auch die Wohnlage der meisten Migrantenkinder ist prekär. All zu oft wohnen sie in sozialen Brennpunkten mit hoher Kriminalitätsrate. Das meist gleichen Ethnien in einem Viertel wohnen, macht das alles nicht besser.

Krista Schröder benennt zwar die Ursachen, es seien vor allem geringe Schulqualifikation, Perspektivlosigkeit, soziale Randlage die den Kern der gestiegenen Gewaltbereitschaft unter muslimischen Jugendlichen ausmache, doch diese reichen aber nicht als Erklärung, sagte Schröder
Das heißt im Klartext: ein miserables Schulsystem, schlechte Schulen, Gettoisierung und jugendliche Perspektivlosigkeit sind keine Erklärung für Gewaltbereitschaft unter muslimischen Jugendlichen. Stattdessen schlägt die Bundesfamilienministerin als Lösung vor: Eltern und vor allem auch die Jugendlichen sollen selbst ganz praktisch in eine Lösungsstrategie einbezogen werden. Wie, das will Kristina Schröder mit Schülern, Lehrern, Migrantenvertretern, Praktikern aus der Polizei, der Justiz und der Präventionsarbeit in einem noch für den Dezember geplanten Werkstattgespräch herausarbeiten. Mehr tun will die Bundesfamilienministerin erst mal nicht. Das heißt erst mal abwarten, was die andern dazu sagen. Lieber möchte Schröder mehr Erzieher und Pädagogen mit Migrationshintergrund in Schulen und Kitas etablieren. Dass diese Ländersache ist, verschweigt Schröder.

Auch in den letzten Wochen, in den oft über Mirgartion, Einwanderung und Sarrazin-Thesen diskutiert wurde, hielt sich die Bundesfamilienministerin auffallend ruhig zurück. Kein Wort zu Problemen oder Sorgen von Migranten oder Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Fällt doch Migrantenförderung in ihren Aufgabenbereich. Stattdessen kommt sie mit der scheinbaren „Deutschenfeindlichkeit“ daher und stellt Studien, die eine zunehmende Gewaltbereitschaft junger Muslime in Deutschland belegen, vor. Doch die Studie die Schröder vorstellte, zeigt vor allen ein widersprüchliches Bild von scheinbar gewalttätigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund.
Die Studie von Dr. Sonja Haug, Professorin für Empirische Sozialforschung Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaft an der Hochschule Regensburg, die Schröder vorstellte, ist keines Falls so klar, wie sie es gern möchte. Das beginnt schon bei der statistischen Grundlage der Studie. Darin wird deutlich das bei 10-15 Jährigen 29 % einen Migrationshintergrund haben, bei 15-20-Jährigen sind es 24 Prozent (15 Prozent Deutsche, 9 Prozent Ausländer).
Das zeigt, dass der Geburtenrückgang bei Familien mit Migrationshintergrund keine Rolle spielte, anders als bei deutschen Familien. Die größten Migrantengruppen in Deutschland sind Türken. Etwa 2,5 Millionen Personen haben einen türkischen Migrationshintergrund. Von den geschätzten vier Millionen Muslime in Deutschland sind etwa 25 Prozent bis 15 Jahre alt. Etwa die Hälfte der Muslime sind unter 25 Jahre. Das hat zur Folge, dass es in Schulen in Ballungszentren, wie etwa Nordrhein Westfalen oder Berlin, einen starken Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund gibt. In manchen Klassen liegt deren Anteil bei 75 Prozent. Deutsche Schüler sind da oft in der Minderheit.

Doch was die Studie auch sagt ist, das diese Zahlen nur Schätzwerte und zum Teil sehr ungenau sind. Zum Beispiel definiert das Statistische Bundesamt Personen mit Migrationshintergrund als Ausländer oder Deutsche, die selbst im Ausland geboren wurden (erste Generation), oder die in Deutschland geboren und deren Eltern im Ausland geboren oder eingebürgert wurden(zweite Generation).Doch viele Gemeinden unterscheiden zwar zwischen Deutschen und Nicht- Deutschen, doch eine Unterteilung nach Migrationshintergrund, ob nun erster oder zweiter Generation, findet kaum statt. In vielen Bundesländern werden Ausländer auch nur Pauschal erfasst ohne genauere Differenzierung nach Herkunft oder Religion. Das zusammen macht eine genaue Betrachtung und Differenzierung sehr schwer, weil eine einheitliche Erhebungsgrundlage in Deutschland fehlt.
Auch der von der Ministerin angeprangerte Anstieg von Jugendgewalt unter Migranten, muss bei Betrachtung der Studie stark relativiert werden. Laut Studie ist die Kriminalität überwiegend Jugendkriminalität. Doch der Hauptpunkt – die Jugendkriminalität – ist bei allen Delikten sinkend. Die Zahl der Tatverdächtigen nichtdeutschen Jugendlichen bei allen Delikten ist konstant bis leicht sinkend, so die Studie. Einzig bei Gewalttaten ist ein Anstieg fest zu stellen. So sind nichtdeutsche überproportional vertreten. Tatverdächtige nichtdeutsche sind vor allem männlich und im Alter zw. 14 und 16 und ab 21 Jahre.Doch die Studie sagt auch, Zitat: „Dass bei Tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen der Anteil der Nichtdeutschen höher ist, hängt auch mit dem in diesen Altersgruppen höheren Ausländeranteil zusammen, d.h. es muss kein unterschiedliches Verhalten zugrunde liegen. Jedoch ist auch unter Berücksichtigung der Bevölkerungsstruktur der Anteil der jungen männlichen nichtdeutschen Tatverdächtigen bei schwerer Körperverletzung überproportional hoch, da in der Altersgruppe 10 bis15 der Ausländeranteil bei 11 Prozent liegt, bei 15 bis 20- Jährigen bei 10 Prozent.“

Doch die Studie macht eines ganz deutlich: Die Gewalttaten hängen nicht vom Migrationshintergrund ab, sondern stehen im Zusammenhang mit andere Faktoren. So werden Bildungsunterschiede und Wohnortssituation genannt.
In anderen Studien konnte gezeigt werden, dass eine Verbesserung der schulischen Integration von Migrantenjugendlichen mit einer verringerten Gewalttäterquote einhergeht. In Kreisen mit hoher Abiturquote unter türkischen Migrantenjugendlichen ist die Gewaltbereitschaft niedriger.
So lässt sich belegen, dass hoch integrierte nichtdeutsche Jugendliche ein Gewaltpotential von 10 Prozent aufweisen, niedrig integrierten Jugendlichen dagegen 26 Prozent. Das heißt im Klartext, je besser das Wohnumfeld, je besser die Bildungsmöglichkeiten sind, desto niedriger ist die Gewalt unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

Letztendlich ist die Studie, die die Bundesfamilienministerin Schröder vorstellte, längst nicht so dramatisch, wie sie es wohl gern hätte. Doch es zeigt sich, dass bei anhaltender Perspektivlosigkeit und schlechten Bildungsmöglichkeiten bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund die Gewaltbereitschaft weiter zunehmen wird. Das angesichts dieser Tendenzen die Ministerin erst einmal mit allen Beteiligten reden möchte und so mit ihrer eigenen Ankündigung: „eine Diskussion müsse aber auch Erfolgsorientiert sein“ zuwider läuft, scheint sie nicht zu bemerken. Es ist auch fraglich ob diese Bundesregierung überhaupt die Lage von Migranten erkennt. Statt immer neuer Zuwanderer- und Integrationsdebatten sollten sie anfangen die Situation von Ausländern in Deutschland zu verbessern.

21. Oktober 2010

Ein Brief an mein Land

Posted in Denkschrift, kommentar, Kommt Zeit kommt Rat, Uncategorized tagged , , , , , , , um 19:24 von thomassalomo


Ein Brief an mein Land

(von Thomas Salomo)

Mein liebes Land, ich weiß, es ist schon ungewöhnlich dir zu schreiben, doch die Ereignisse machen es notwendig. Ich mache mir Sorgen um dich. Die Geschehnisse dieser Wochen bereiten mir stetig Sorgen. Mein liebes Land, ich weiß es ist verpönt zu sagen, ich liebe dich. Ich mag deine Vielfältigkeit die du mir bietest. Dein Kontrast von Meer im Norden, den Feldern und Wäldern und den Bergen im Süden. Von der See bis zum von Rheinland bis nach Baden, vom Saarland bis nach Sachsen das mag ich so bei dir. Du bist so vielseitig, kaum ein Landstrich gleicht dem anderen. So berauschend deine Höhen und Tiefen sind, so inspirierend deine Weiten. Die Menschen die bei dir leben, sind sie doch voller Tugend, sie halten viel von Ehrlichkeit, Pünktlichkeit. Du geniest bei vielen einen guten Ruf, man schätzt deine Traditionen, egal ob Oktoberfest oder Karneval, Martinsumzüge, oder Schützenfeste. Ich weiß manchmal reduziert man dich auf diese Traditionen.

Ja, ich mag die Menschen die hier leben. Gut, manchmal sind sie etwas schwierig und kompliziert. Ihre Eigenarten sind so verschieden wie deine Landschaften. Von kühl, distanziert bis warm, herzlich und gastfreundlich. Strebsam sollen sie seien, die Menschen in deinem Land, berühmt für ihr Wissen und ihre Schaffenskraft.

Du genießt einen guten Ruf in der Welt. Hast du doch gezeigt, dass zwei verschiedene Systeme  einst geteilt, wieder zusammen finden können. Da wo sonst in anderen Ländern Krieg ausgebrochen, Tod und Verwüstung entstanden wären, war es bei dir friedlich. Vielleicht war es die erste friedliche Revolution die Europa sah.  Ja, darauf kannst du Stolz sein, mein liebes Land. Du hast dich gewandelt wie kaum ein anderes Land. Von einer Schreckenszeit und fast totalen Zerstörung bist du wieder aufgestanden, zu einem Garant für Frieden und Stabilität.

Wenn man auf dieser Welt von Demokratie spricht, nennt man deinen Namen, du bis es, dass als Beispiel für gute Demokratie gilt. In deinen 61 Jahren hast du viel erlebt. Viele politische Wechsel hast du gesehen, doch nie bist du zu Bruch gegangen. Die Menschen vertrauten dir und den Parteien die sie führten. Was hätten sie auch anders tun sollen? Die Menschen in deinem Land sind keine Revolutionäre, keine die gern ihre Proteste auf die Straße trugen. Ja, der Deutsche demonstriert nicht gern. Wäre es sonst möglich gewesen, den Euro einzuführen, wo die Menschen doch die Mark so liebten? Wäre es möglich gewesen, dass Harz IV eingeführt wurde, wenn Millionen dagegen demonstrierten? Gut, es haben Menschen dagegen demonstriert, doch waren es keine Millionen, kein ganzes Land. Nein, die Menschen in deinem Land protestieren nicht gern. Vielleicht wollen sie insgeheim geführt werden, von einer starken Persönlichkeit an der Spitze, die ihnen zeigt wo es lang geht . Haben deine politisch Verantwortlichen es nicht dankend aufgenommen? Gewählt wollen sie werden, um dann ihre Art entsprechend die Geschicke dieses Landes lenken. Parlamentaristische Demokratie nennt man diese Form. Die Menschen werden auf das Wählen gehen reduziert, mehr sollen sie nicht tun. Sollen sich sogar raushalten aus der Politik. Das, mein liebes Land hat Jahrzehnte lang gut funktioniert. Die Menschen wählten die Politiker und diese ließen sie gewähren und machen. Sinnvolle und oft nicht so sinnvolle Projekte wurden realisiert War es doch gut für dich, mein liebes Land. Natürlich gab es gute und schlechte Entscheidungen, doch nie hat man dich nie aus den Augen gelassen, die Menschen schon. Sollten wir nicht auch mehr Mitentscheiden dürfen?

Doch nun, scheint alles irgendwie verschoben. Immer weniger Menschen gehen wählen. Die Wahlbeteiligung sank mancher Orts um fast 20%. Politikverdrossenheit nennen das die Politiker. Immer weniger scheinen sich für die Politik zu interessieren. Doch ich glaube das nicht, die Menschen Interessieren sich sehr wohl für Politik. Sie verfolgen sehr genau was passiert. Sie hielte lange still, taten so als ob sie das Geschehen ignorieren. Doch nun, entlud sich der Ärger. Gerade an einem vorzeige Projekt, welches wie kein anderes für Moderne und Innovation steht. Doch was war passiert hat man den Menschen nicht erzählt, was da geschieht? Schließlich wurde das Projekt seit über 10 Jahren geplant.

Doch die Proteste gegen Stuttgart 21 sind schon lang nicht mehr gegen das Projekt selber, es geht vielmehr um Grundsätzliches. Es steht als Sinnbild für die Unzufriedenheit der Menschen. Unzufrieden über die Art wie Regiert wird. Nein die Art wie Regiert wird ist seit 60 Jahren gleich. Vielleicht bemerken die Menschen, dass sie mehr haben können. Ich frage mich, müssen wir nicht endlich anfangen unsere Demokratieverständnis zu ändern? Weg von dem „Die machen es schon.“, hin zu „Wir wollen mit Entscheiden“. Vielleicht müssen wir lernen, uns mehr ein zubringen. Aber auch mehr eingebunden zu werden in politische Entscheidungen. Wir wollen gefragt werden, wie und welches Projekt realisiert wird. Mehr Mitbestimmung auf allen politischen Ebenen. Mein liebes Land, schaue doch mal in die Schweiz. Dort herrscht ein Höchstmaß an Mitbestimmung. Sehr oft im Jahr werden die Menschen um ihr Votum gebeten, auf allen Eben. Auf Bundesebene ebenso auf Kantonsebene. In der Schweiz gibt es solch eine Diskrepanz zwischen Politik und den Menschen nicht. Machen wir uns nichts vor, mein liebes Land, denn so wie es jetzt läuft, sehe ich schwarz für uns.

Die Menschen in unserem Land entfernen sich immer schneller, immer weiter von der Politik. Noch nie, mein liebes Land, war die Kluft zwischen Bürgern und Politik so groß wie heute. Die Menschen wenden sich ab von den zwei großen Volksparteien. Immer mehr Menschen fühlen sich nicht mehr von ihnen repräsentiert und vertreten. Das was in Berlin und in den Bundesländern passiert, wird immer mehr mit Argwohn beobachtet. Wenn wir nicht neue Wege gehen, werden die Geschehnisse uns überrollen. Mein liebes Land, ich befürchte, es dauert nicht mehr lang bis extreme politische Kräfte wieder Fußfassen. Kannst du dir Vorstellen, das es wieder eine starke extreme Rechte Partei in Deutschland gibt? Eine rechte Partei die von vielen Menschen gewählt wird, die mehrheitsfähig ist? Das wäre eine Katastrophe für uns. Noch sind NPD und Republikaner nur eine gesellschaftliche Randerscheinung. Ich befürchte, dass es nicht mehr lange dauert bis es eine neue andere Rechte Kraft gibt, die viele Menschen in ihren Bann zieht. Eine solche Vorstellung, mein liebes Land, macht mir zu tiefst Angst. Ich habe das Gefühl der Nährboden für solche Kräfte ist längst gegeben. Gerade in deinen östlichen Teil herrschen immer noch große Vorbehalte gegenüber Ausländern und Migranten. Schon jetzt ist die NPD in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern vertreten.

Mein liebes Land, heißt es nicht, wir seien ein weltoffenes Land? In dem viele verschiedene Kulturen miteinander leben? Ich bin mir nicht mehr sicher, ob das so ist, ob wir wirklich so offen und Tolerant sind. Wenn selbst von etablierten Politiker immer schärferen ausländerfeindliche Parolen zu hören sind. Seit über 40 Jahren leben Migranten in unserem Land. Kamen sie doch als Gastarbeiter in unser Land. Sollten sie doch ursprünglich nur unser Land aufbauen und nicht bleiben. Doch sie blieben, sie fühlten sich wohl bei uns. Sie brachten es zu Wohlstand und Vermögen. Doch machten wir es ihnen immer schwer,  in unseren Köpfen trennten wir stetig zwischen den Fremden und uns,  den Deutschen. Wir sagen sie wollen gar nicht, sie wollen sich nicht Integrieren, weil etwa 5% die Integrationskurse abbrechen, verurteilen wir alle. Integrationsunwillig seien sie. Harte Strafen müssten her. Heute schreit alles nach besserer Integration, doch haben wir ihn immer eine faire Chance gegeben damit sie sich integrieren konnten? Ihre Berufsabschlüsse haben wir nicht anerkannt, und wenn,  haben wir sie selten gleichrangig behandelt. Ja, es sind Parallelgesellschaften entstanden. Wer will von ihnen verlangen, dass sie ihre Kultur ablegen, ihre Tradition verleugnen? Man sagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Ja, der Islam hat keine Historischen Wurzeln wie das Christentum in Deutschland. Doch ist es die Religion der Migranten, von denen heute 2 Millionen angehören.

Doch haben wir uns jemals mit den Islam ernsthaft auseinander gesetzt? Warum gibt es keinen Islamunterricht an allen Schulen? Könnten wir damit  nicht die Vorurteile abbauen? Doch warum zeigen wir mit Finger auf ihnen? Haben wir nicht auch bei uns Parallelgesellschaften? Was ist mit den Plattenbaugebieten im Osten? In den der überwiegende Teil arbeitslos und von Harz IV lebt. Wo jeder fünfte sich ein Totalitäreres System mit einem starken Führer wünscht.

Doch was mich wirklich Ärgert, das immer wieder die Integration herhalten muss, um von den eigenen politischen Problemen der Parteien abzulenken. Wenn die CDU ihr konservatives Profil verspielte und nun auf Kosten der Migranten dieses wieder stärkt dann ist das mehr als verlogen. Ich weiß nicht so Recht, aber wovon Reden wir eigentlich? Wir reden über eine Gruppe von 6,73 Millionen Menschen. Denn so viele Ausländer leben in Deutschland. Insgesamt leben aber 81 Millionen Menschen in Deutschland. Das heißt wir diskutieren über eine Gruppe von 5,4%! Aber wir tun so als beträfe es fast 90% der Bevölkerung. Mancher tut so als würde eine Migrationswelle bevorstehen, als würden Morgen 100 Millionen Einwandere zu uns wollen. Dabei ist das Gegenteil der Fall, mehr Menschen mit deutschen Pass wandern aus statt ein zu wandern. Wir sind kein Migrationsland sondern ein Auswanderungsland! Wir werden weniger statt mehr.

Doch machen wir uns nichts vor, wir nehmen Bevölkerungsmäßig ab, doch die Vorbehalte gegen Fremde nehmen zu. Ich frage mich, mein liebes Land, woher kommen solche Vorbehalte gegen „Fremde“. Haben wir Angst sie könnten uns etwas wegnehmen?  Ich glaube es hat mit der Frage zutun „ Wer sind wir? Was ist Deutsch? Mir fällt leider keine Antwort ein, ich weiß nicht wie wir aus diesem Dilemma heraus kommen. Ich hoffe nur, das dies ein Strohfeuer ist, dass sich das ganze wieder legt. Zeichnet uns nicht auch Besonnenheit aus?

Nun, du hast schon soviel erlebt, mein liebes Land, schon so manche schwere Zeit überstanden. Vielleicht sind meine Befürchtungen völlig umsonst oder viel zu hoch gegriffen. Vielleicht ist das hier und jetzt manchmal schöner als der Blick nach Vorn. Du, jedenfalls wirst uns tragen, wenn sogar ertragen. Denn dich wird es ja hoffentlich noch lange geben.

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