13. März 2011

Das Land der Lügner?

Posted in Denkschrift, kommentar, Neue, Politik tagged , , , , um 09:32 von thomassalomo


Das Land der Lügner?

(von Thomas Salomo)

Was ist erstaunlicher? Dass ein Minister und beliebter Politiker seine Doktorarbeit manipulierte oder dass es scheinbar nur wenige stört, dass er so offen betrogen hat?

Als es erste Hinweise auf die manipulierte Arbeit gab, zeigte sich der Minister souverän und lies die Vorwürfe abprallen. Erst Tage später gab er zu, möglicherweise in einigen Teilen der Arbeit „Fußnoten“ vergessen zu haben. Am Anfang des Skandals tat er es ab als Lappalie. War oder ist er doch Deutschlands beliebtester Politiker. Wie kaum ein anderer kann er Glaubwürdigkeit und Vertrauen so auf sich vereinen wie Guttenberg. Was anderen an Charisma fehlte, hatte er genug. Man hätte ihm alles geglaubt, was er sagte. Glaubwürdig sein ist nicht nur sein politisches Ziel, sondern auch sein Aushängeschild. Als dann heraus kam, dass er seine Arbeit im größeren Umfang manipulierte, tat das seiner Popularität keinen Abbruch. Bis zuletzt versuchten nicht nur Parteifreunde ihn vom Rücktritt abzuhalten. Im Internet gab es tausende Menschen, die sich ebenfalls gegen den Rücktritt und seine Wiederkehr einsetzten. Bei dem sozialen Netzwerk Facebook war die Zahl der Guttenberg Befürworter weitaus größer als die Zahl der Gegner.

Welches Bild haben wir von Politikern? Haben sie eine Vorbildfunktion für uns? Mit Politikern und Ministern verbinden wir immer Ansehen. „Der da“, der muss doch was besonderes sein, zumindest muss er doch Fähigkeiten haben, die ihn dazu befähigen, Politiker oder Minister zu sein. Glaubwürdigkeit spielt da eine zentrale Rolle. Wer am Besten sein Können präsentieren kann, wer am deutlichsten zeigt, dass „Er“ was verändern kann, dem wird eine solche Rolle zu erkannt. In diesem System spielen Ausbildung und Studium nur eine sekundäre Rolle, wichtiger sind das Auftreten und die Glaubwürdigkeit. Ein weiterer nicht unwesentlicher Aspekt ist die Ehrlichkeit. Der Politiker im allgemeinen, so das Idealbild sollte sein Tun allein für die Gesellschaft ausrichten, nicht alleinig für sich. Ehrlichkeit bekommt da eine zentrale Rolle. Das was er sagt, ehrlich erscheinen zu lassen. Menschlich gesehen macht das Zugeben von Fehlern einen Menschen sympathischer und lässt sein Ansehen steigen. In der Politik gilt das Einräumen von Fehlern als Schwäche und bewirkt einen Popularitätsverlust. Es sei denn, damit könnte man von Schwächen der eigenen Politik ablenken.

Im Wissen, dass niemand perfekt ist, dass jeder Fehler macht, projektieren wir Bürger all die guten Eigenschaften, an denen es uns oft mangelt, in Politiker. Sie müssen 100% ehrlich und glaubwürdig sein. Schließlich wollen wir unserer „Führungsfigur“ vertrauen können. Dieser bürgerliche Anspruch hat in den letzten Jahrzehnten besonderes gelitten. All zu oft wurde unsere politische Landschaft von Skandalen erschüttert, die oft mit mangelnder Glaubwürdigkeit und Vertrauen einher gingen. Vielleicht ist das der Grund für die Popularität von zu Guttenberg. Möglicherweise setzt ein Paradigmenwechsel ein. War dem Bürger vorher Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit am Wichtigsten, sind diese nun nur noch zweitrangig. Kommt es nun, wie am Beispiel von zu Guttenberg mehr auf „Glamour“ und Sympathie, mehr auf ein attraktives Aussehen an als an Ehrlichkeit und Co. Durch unzählige Skandale in den letzten Jahrzehnten spielen diese zwar immer noch eine wichtige Rolle, nur sind diese Attribute nicht mehr am Wichtigsten.

Wenn den Menschen nun klar ist, dass ihre übersteigerte Projektion von Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit nicht erfüllt wurde und die Erkenntnis, dass jeder, egal ob Politiker oder einfacher Bürger, zu Unehrlichkeit neigt, dann könnte diese umso mehr ein Indiz sein, warum zu Guttenberg mehr an seinen „Glamour“ Sympathien erzielte.

Was diese Theorie untersetzen könnte ist der Umstand, dass nach dem Rücktritt von zu Guttenberg dessen Popularität scheinbar ungebrochen ist. Für viele ist der Grund des Rücktrittes und dessen Zustandekommen kein Grund für solch einen Schritt. „Nur weil er bei seiner Doktorarbeit Fehler gemacht hat, ist das kein Grund für ein Rücktritt.“ So oder so ähnlich scheint die überwiegende Meinung zu sein.

Ein weiterer Grund, warum die offensichtliche Unehrlichkeit von zu Guttenberg seiner Beliebtheit keine Abbruch tut, ist der Umgang der Gesellschaft mit Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit.

Eine scheinbare „Volksweisheit“ besagt:“ Der Ehrliche ist immer der Dumme. Wer immer nur ehrlich ist, bringt’s nicht weit“. So verwundert es nicht, dass Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit im Allgemeinen nicht als schlimm empfunden wird. Das wären Dinge, für die man sich nicht schämen muss. Kavaliersdelikt nennt das der Volksmund. Es drängt sich der Eindruck auf, dass es zum guten Ton gehört, bei der Steuer oder Fahrtkostenabrechnung es nicht so genau zu nehmen. Vielleicht ist das der Grund, warum es in der Bevölkerung kein Aufschrei gab, nachdem die Plagiatsvorwürfe auftauchten. „Er ist halt einer von uns“ hörte man vorher oft.

Doch welches Signal setzte der Skandal?

In der Plagiatsaffäre geht es nicht um vergessene Fußnoten oder „copy and paste“. Es geht um die grundsätzliche Frag,; wie groß ist die Vorbildfunktion von in der Gesellschaft stehenden Personen. Auch geht es um die Frage, welchen Stellenwert haben Ehrlichkeit und Glaubwürdig in unserer Gesellschaft.

Das Signal, welches durch die Guttenberg-Affäre gesendet wird, ist fatal. Wenn selbst in der Öffentlichkeit stehende Personen oder Politiker es mit der Ehrlichkeit nicht so ernst nehmen, warum sollten es dann die Bürger tun? Zukünftig könnte es heißen:“ Der Guttenberg hat es doch auch getan!“ Die Hemmschwelle zur Lüge könnte weiter sinken. Denn wenn der das so macht, kann ich das doch auch. „Du sollst nicht Lügen“ verkommt dann zu einer blauäugigen moralischen Floskel.

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